zusammengesetzte Beanspruchung bei Biegung und Torsion
Die zusammengesetzte Beanspruchung ist die Beanspruchung mehrerer Beanspruchungen in einem Bauteil. Wir kennen bereits die Beanspruchungen Zug (Normalspannung σ), Druck (Normalspannung σ), Biegung (Normalspannung σ) und die Torsion (Tangentialspannung τ). Doch was ist, wenn mehrere Beanspruchungen gleichzeitig auftreten? Bei Zug/Druck und Biegung können wir die Spannungen addieren, da diesen Normalspannungen zu Grunde liegen. Bei Biegung und gleichzeitiger Torsion geht das leider nicht. Die Biegung ist eine Normalspannung und wirkt orthogonal auf den Querschnitt, während die Tangentialspannung in axialer Richtung im Querschnitt wirkt. Eine einfache Addition ist deswegen nicht möglich.

Dies erkennt man allein schon an den unterschiedlichen Modulen, welche wir bei Normalspannungen und Tangential- Schubspannungen annehmen. Während der Normalspannung das Elastizitätsmodul E (Stahl 210000 N/mm²) zugrunde liegt, berücksichtigen wir bei Schub das Schubmodul G (Stahl 81000 N/mm²). Roloff Matek TB 1-1
Vergleichsspannung
Um diese Unterschiede zu berücksichtigen wird eine Vergleichsspannung (ideelle Spannung) ermittelt. Diese wurde aus der Hypothese der größten Gestaltänderungsenergie ermittelt, da diese Versuchen entsprechend gut übereinstimmt.
Vergleichsmoment
Das Problem dabei ist jedoch, dass wir dazu den Durchmesser kennen oder einen annehmen müssen. Um dieses Problem zu umgehen, lässt sich aus der Gleichung der Vergleichsspannung ein Vergleichsmoment ableiten.
Für σb und τt kennen wir die Gleichungen der Grundbeanspruchungsarten.
Jetzt haben wir jedoch noch das Problem, dass wir mit Wb und Wt zwei unterschiedliche Variablen haben. Schaut man sich die Formeln dafür aber an, erkennen wir, dass Wt doppelt so groß ist wie Wb also setzen wir für Wb einfach Wb ein und für Wt nehmen wir 2·Wb
Soweit so gut. Jetzt wird es etwas kniffliger. Nun müssen wir die Quadrierung unter dem Bruch ausklammern. Dazu quadrieren wir jedes Monom einzeln und lassen die Klammern weg. Achtung! auch die 2 unter dem Mt und α0 müssen quadriert werden. Die 3 vor α0 steht jedoch nicht in der Klammer und bleibt wie sie ist.
Jetzt lösen wir die Brüche auf, indem wir Wb vor den Bruch schreiben. Wir erinnern uns eine Quadrierung ist die Äquivalenzumformung eines Bruchs.
Dann schreiben wir die Gleichung ins Reine indem wir die 4 zu der 3 in den Bruch packen, beide sind nicht quadriert. α0 und Mt jedoch schon. Diese fassen wir in einer quadrierten Klammer zusammen.
Nun lösen wir noch die Brüche auf, indem wir Wb multiplizieren und den Bruch in der Wurzel in eine Dezimalzahl umwandeln.
Schauen wir uns die Biegehauptgleichung noch mal an.
Daraus lässt sich das Produkt vor dem Gleichzeichen in ein Vergleichsmoment umwandeln.
Diese Gleichung lässt sich nun auch ohne einen bekannten Durchmesser nutzen.
Formelzeichen
Formelzeichen | Bedeutung | Einheit |
σV | Vergleichsspannung | N/mm² |
σb | Biegespannung | N/mm² |
τt | Torsionsspannung | N/mm² |
α0 | Anstrengungsverhältnis | oE |
σbGrenz | Grenzfestigkeit (Biegung) | N/mm² |
τtGrenz | Grenzfestigkeit (Torsion) | N/mm² |
MV | Vergleichsmoment | Nmm bzw. Nm |
Formeln
Vergleichsspannung nach der Gestaltänderungsenergiehypothese
Für die zusammengesetzte Beanspruchung Biegung und Torsion
Anstrengungsverhältnis
Für Wellen aus Stahl ist dieses jedoch näherungsweise bekannt.
α0 ≈ 0,7 bei Biegung, wechselnd wirkend und Torsion ruhend (schwellend) Standardfall für Wellen
α0 ≈ 0,1 bei Biegung, wechselnd wirkend und Torsion wechselnd
α0 ≈ 1,5 bei Biegung, ruhend (schwellend) wirkend und Torsion wechselnd
Vergleichsmoment
Für die zusammengesetzte Beanspruchung Biegung und Torsion